Am Pfingstwochenende war es wieder soweit, Julia und Michael besuchten einen Lehrgang der besonderen Art.
Neben dem Karneval der Kulturen ergab sich in Berlin die Möglichkeit, die Hintergründe des Wado-Ryu besser kennenzulernen.
Bei Sensei Shuzo Imai, 8. Dan Wado Ryu und ranghöchster Vertreter der Stilrichtung in Deutschland, lernten wir, dass man Karate selbst im hohen Alter ausüben kann. Durch die Minimierung von Bewegungen und das Nutzen der Schwerkraft erreicht man eine hohe Effizienz der Technik. Dazu muss man nicht mehr Kraft einsetzen sondern allein die Schnelligkeit der Technik erhöhen - Kraft wird zur Nebensache! Dies setzt natürlich eiserne Disziplin voraus und beinhaltet das ständige Trainieren von Bewegungsabläufen. Und so übten wir uns im Tai Sabaki, Tzukis und Geris. Auch Kihon Kumite und Tantodori standen auf dem Plan und forderten unsere volle Konzentration, denn auch ein Holzmesser kann wehtun ;-)
Bei Toby Threadgill (USA), einem von derzeit weltweit drei Menkyo Kaiden (vollständige Beherrschung der Kunst und die Befähigung zur Nachfolge des Lehrers) in der Kamfkunst Takamura Ha Shindo Yoshin Ryu (TSYR) lernten wir die Wurzeln des Wado-Ryu kennen. Er erklärte uns, dass die Techniken im Wado-Ryu ihren Ursprung im TSYR haben. Hironori Otsuka, Begründer des Wado-Ryu, trainierte ab dem 13. Lebensjahr Shindo Yoshin Ryu und wurde ebenfalls zum Menkyo Kaiden ernannt. Mit dem Shindo Yoshin Ryu, einer Kampfkunst der "alten Schule" und dem Okinawa Karate, vereinte Hironori Otsuka zwei Systeme und transportierte die, aus seiner Sicht, besten Dinge in die Neuzeit.
T. Threadgill lehrte uns, dass man jede Bewegung bewusst machen sollte und die Bedeutung ihrer Dynamik, wenn man sie gezielt einsetzt. Das Weichheit, Stärke besiegt, so wie die Nachgiebigkeit des Weidenbaums, welche als Vorbild im Shindo Yoshin Ryu steht. Neben diversen Schritt- und Bewegungsformen trainierten wir in Katas (Partnerübungen) Angriffen auszuweichen, sie umzuleiten und diese ohne Kraftaufwand, nur mittels einer bewussten Körperbewegung, zu unserem Vorteil zu nutzen. Effizienz stand hierbei wieder einmal im Vordergrund! Beim Abwehren von Festhalten und Angriffen mit Holzmessern war wieder volle Aufmerksamkeit gefordert. Die Abläufe sind komplex und haben viele Richtungsänderung,. Man muss sehr darauf achten nicht den Schwerpunkt zu verlieren, um nicht zum Spielball des Gegners zu werden.
In einer kleinen Demonstration zeigten beide Großmeister ihr Können beim Abwehren von Angriffen mit Katanas (Schwert), Tantos (Messer) und der leeren Hand.
Trotz des anspruchsvollen und abwechslungsreichen Trainings kam der Spaß in Berlin natürlich nicht zu kurz ☺